Tatjana Miron*
Orthodoxe Christen in Freiburg**
Die Arbeitsgemeinschaft Ostkirchen e.V.
Durch die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges kamen viele orthodoxe Christen nach Freiburg, vor allem Russen und Rumänen. Für sie eine gottesdienstliche Heimat sowie eine Brücke zu den anderen Christen der Stadt zu schaffen, machte sich Pfarrer Herman Bujard damals an der Melanchthonkirche in Haslach zur Aufgabe. Er ergründete den Ökumänischen Kreis Freiburg i. Br. (ÖKF) und ermöglichte nicht nur der russischen (damals unter Erzpriester P. Jowlew) und der rumänischen gemeinde (Erzpriester Emilian Vasiloschi), ein Gemeindeleben aufzubauen, sondern führte auch seit 1950 ökumenische Begegnungen im Advent und seit 1952 gemeinsame Festgottesdienste in vielen Sprachen durch.
Bald wurde die Präsenz der Orthodoxie durch eine wachsende griechische Gemeinde (meist Gastarbeiter und Studierende) verstärkt. Seit 1963 beging der ÖKF die ökumenische Gebetswoche vor Pfingsten, an der damals nur Evangelische, Orthodoxe, Altkatholiken und Anglikaner teilnahmen.
Daneben gab es einen regen theologischen Austausch in Gesprächskreisen und auf Tagungen. Ein Höhepunkt der Arbeit des ÖKF war es, als zu Pfingsten 1960 der damaliger Dekan der Theologischen Fakultät, Prof. Bernhard Welte, im Auftrag des Rektors der Universität feierlich die schöne alte Peterhofkapelle der russischen und der rumänischen Gemeinde zur gottesdienstlichen Nutzung übergab.Orthodoxe Wasserweihe am 6.Dezember 1965 am Dreisamufer; vorne links: Hypodiakon Miron, Erzpriester Popa; hintere Reihe dritter von rechts: Pfarrer Bujard. (Bild Wily Pragher/Archiv ACK Freiburg i.Br.)
Die Ausstattung der Kapelle wurde aus Spenden der evangelischen Kirche finanziert, die Ikonen und Ikonostase malte die rumänische Malerin Corina Sombart.
Zum ersten mal fühlten sich die orthodoxen Russen und Rumänen wirklich zu Hause. Viele Taufen, Hochzeiten und Festgottesdienste wurden dort – oft in drangvoller Enge – gefeiert.
Zu der grossen Kar- und Ostergottesdiensten musste man freilich in die mehr Raum bietende St.-Michaels-Kapelle im Alten Friedhof ausweichen. Die zahlenmässig grössere griechische Gemeinde fand Gottesdienstmöglichkeiten unter anderem im Evangelischen Stift, später dann in der Adelhauserkirche. Im Mai 1979 fand, initiiert von der Ortsökumene der ACK Freiburg, die Gründungsversammlung der Arbeitsgemeinschaft Ostkirchen e.V. statt. Ziel war es, für alle orthodoxen Gemeinden Freiburgs, die Mitglied der ACK-Freiburg sind, einen gemeinsamen Ort der Anbetung und der Begegnung zu schaffen und gleichzeitig die Orthodoxie in Freiburg stärker erfahrbar werden zu lassen.
Die katholische Pfarrei Maria Hilf stellte ihre alte Kirche, die Maria-Hilf-Kapelle, zur Nutzung zur Verfügung, das Erzbischöfliche Ordinariat renovierte den Kirchenraum und baute eine Heizung ein, und die Evangelische Landeskirche spendete Fertigung und Einbau der Holzarbeiter der Ikonostase.
So konnte am 18./19. Oktober 1980 in Anwesenheit von Metropolit Augoustinos (Griech. Orthodoxe Metropolie von Deutschland) die offizielle Übergabe der Kirche, die nun „Kirche Maria Schutz“ heissen sollte, in einem grossen ökumenischen Festgottesdienst gefeiert werden.
Zunächst war es die rumänische Gemeinde, die hier regelmässig die Göttliche Liturgie feierte. Ab Mai 1981 kam die griechische Gemeinde endgültig dazu, und seit 1990 ist auch die serbische Gemeinde in Maria Schutz, während die zahlenmässig kleinste, die russische Gemeinde weiterhin im Peterhof ihre Gottesdienste hält.
Durch Vorträge, Tagungen und Begegnungen versucht die Arbeitsgemeinschaft Ostkirchen, Christen der Ost- und Westkirchen zu einem besseren gegenseitigen Verstehen zu verhelfen.
Was noch immer vermisst wird, ist ein eigener Gemeinderaum. Ein sichtbares Zeichen des gemeinsamen Zeugnisses ist die seit 1982 alljährlich in der Kirche Maria Schutz in Verbindung mit der Freiburger Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen und Gemeinden stattfindende ökumenische St.-Nikolaus-Vesper am 5. Dezember. Die adventliche Liturgie, die von Geistlichen verschiedener Kirchen gestaltet wird, nimmt formen aus den orthodoxen und den westlichen katholischen und reformatorischen Traditionen auf. In den letzten Jahren haben neben einer rumänischen Schola der russische Chor der Universität und die Schola des Collegium Borromaeum mitgewirkt.
*Die Autorin gehörte von 1963 zu der rumänischen Gemeinde in Freiburg. Sie unterrichtete kirchlichen Gesang an der rumänischen Ergänzungsschule in Freiburg, leitete über 25 Jahre den Gemeindechor und
war lange Zeit Schriftführerin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen und Gemeinden (ACK) in Freiburg.
**Artikel übernommen aus dem Freiburger Kirchenbuch 1995, S.276-278, nach telefonisch erteilter Erlaubnis durch den Schillinger Verlag am 01. Dezember 2001